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Die OJO

30.06.2025 – Kommentar eines Mitarbeitenden der OKJA

Der Tag der Personalversammlung beim Träger der OKJA Overath war, rückblickend betrachtet, von sehr gegensätzlichen Ereignissen geprägt. Bei der einberufenen Personalversammlung am Vormittag wurde die Belegschaft über einen defizitären Haushalt, ein unzureichendes Budget, sowie die Kündigung der Trägerschaft für Offene Kinder- und Jugendarbeit in Overath in Kenntnis gesetzt. In der Sitzung wurde deutlich, dass die finanziellen Mittel der Einrichtung trotz eigener Maßnahmen wie der Vermietung des Saales, der Akquise von einigen Zehntausenden Euro an Projekt- und Fördergeldern, dem Ausbau des Fördervereins und Kooperationen mit weiteren gemeinnützigen Bürgervereinen nicht ausgeglichen werden konnten. Auf unsere Nachfrage, warum die zur Verfügung gestellten Mittel lange nicht an Inflation und gestiegener Personal- und Betriebskosten angepasst wurden, erhielten wir keine Antwort. Das Gesamtbudget bleibt in jedem Falle deutlich hinter dem tatsächlichen Bedarf zurück. Nach etwa 10 Minuten Informationsbeitrag durch den Verwaltungsleiter, erhielten die anwesenden Mitarbeitenden die Kündigungen ihrer Arbeitsverhältnisse zum Ende dieses Jahres. Damit endete die Personalversammlung.

Die Offene Kinder- und Jugendarbeit, die sich über Jahrzehnte in Overath immer wieder verändert hat, geschrumpft und gewachsen ist, stellt mehr dar als ein pädagogisches Angebot, denn sie selbst bildet einen konkreten, erfahrbaren Sozialraum, der von jungen Menschen und den Mitarbeitenden mit Leben, Beziehungen, Konflikten und Gemeinschaft gefüllt wird. Der mögliche Verlust dieses Ortes lässt sich daher nicht allein über finanzielle Kennzahlen oder den Wegfall von Arbeitsplätzen beschreiben, sondern muss als Eingriff in die Lebenswelt junger Menschen verstanden werden: Das Jugendzentrum bietet einen Ort, an dem Gemeinschaft und Engagement zum Selbstzweck wird, ohne Leistungs- und Konsumdruck. So ist hier jeder Mensch gleichermaßen willkommen, nicht nur unabhängig von soziokultureller Herkunft, sondern auch von individuellen Fähigkeiten physischer, kognitiver oder sozialer Art. Der Wunsch, dabei zu sein, genügt, um hier, im wahrsten Sinne des Wortes: Offene Türen einzurennen. Gesamtgesellschaftlich werden solche Räume kleiner, die Barrieren höher: Wer in der Kölner Innenstadt einen annehmbaren Kaffee trinken möchte, muss 4 Euro dafür ausgeben können, wer einer bestimmten Szene angehören möchte, muss sich dementsprechend kleiden, wer in der Schule mitreden und nicht nur mitschwimmen will, muss die Sprache beherrschen und wer das Studium der Sozialen Arbeit anstrebt, muss in der Lage sein, das hochkomplexe Bewerbungsverfahren zu verstehen. So ist Teilhabe an vielen Stellen nur möglich, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, oder aber die Bereitschaft besteht, sich durch die eigenen, gesellschaftlich konstruierten „Defizite“ markieren zu lassen, um staatliche Hilfestellung zur Erreichung sozialer Ziele zu erhalten. So könnte man die OKJA, wie sie in Overath gelebt wird, als radikal ressourcenorientiert verstehen, und zwar in dem Sinne, dass hier das Menschsein die einzige benötigte Ressource ist. Durch den alltäglichen Besuch, durch Gespräche, Spiele, das Teilen von Mahlzeiten oder das bloße Dasein schreiben sich soziale Erfahrungen in diesen Ort ein – und der Ort schreibt sich wiederum in die Biografien seiner Gäste ein. Der Sozialraum, der hier entstanden ist, ist dabei kein Produkt städtischer Planung, sondern entsteht fortwährend aus dem Dialog zwischen den realen Lebenslagen junger Menschen und der Institution OKJA mit ihren partizipativen und emanzipatorischen Konzepten. Er wurde mit ihnen und für sie gestaltet und so stellt die Auflösung nicht nur eine strukturelle, sondern vor allem eine soziale Leerstelle in Aussicht.

Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung auf genau diese Punkte zu lenken, um die Bedeutung der Einrichtung und vor allem der dort stattfindenden sozialen Prozesse deutlich zu machen. Der Verlust oder auch schon die Beschneidung der Einrichtung, wie sie faktisch durch eingefrorene Fördergelder bei steigenden Kosten stattfindet bedeutet auch den Verlust eines sozialen Bezugspunktes – eines Ortes, an dem sich junge Menschen verorten, Gemeinschaft erleben und sich als Teil einer demokratischen Gesellschaft verstehen können. Hier können Zukunftsperspektiven entstehen, auch weil Menschen sich hier ihrer sozialen Selbstwirksamkeit bewusst werden und die selbst- oder fremdzugeschriebene Opferrolle verlassen können. Aus Konsumierenden werden Gestaltende, die nicht zuletzt weniger anfällig für starre, vorgefertigte Bilder und Erklärungsmuster auf politischer Ebene sind. Damit leistet die OKJA – und damit meine ich Mitarbeitende wie auch Gäste – einen nicht unerheblichen Beitrag zu einer offenen, streitfähigen und vielfältigen Gesellschaft, in der die Freiheit aller Menschen im Mittelpunkt steht.

So viel nur zum Vormittag des 26.06.2025.

Gegen 15 Uhr stehe ich an der Bühne in der KOT, der Kleinen Offenen Tür in Immekeppel und Teil der OKJA in Overath. Die „Coolen Dudes“, eine 5-köpfige Gesangsband aus neun- bis zehnjährigen bereiten sich mit großer Spannung auf den ersten, komplett selbst organisierten Auftritt vor. Im Vorfeld haben sie immer wieder ihre zum Teil mit Hilfe von KI-generierten Songs geprobt, eigene Flyer an Freunde, Eltern, Geschwister und Mitschüler*innen verteilt, sich Gedanken zur Bühnenshow und zum Ablauf gemacht. Die Band hat neben Manager und Techniker auch Security-Mitarbeiter, die später den Einlass regeln sollen, zum jetzigen Zeitpunkt aber zwei Stuhlreihen vor der Bühne aufstellen. Es wird heiß über die Anmoderation diskutiert, in welcher Reihenfolge die Songs gespielt werden sollen und ob die selbst gewählten Bühnenoutfits zusammenpassen. Am Ende ist der Auftritt wild und unorganisiert, das Publikum, für das viel zu wenig Stühle aufgestellt wurden aber absolut begeistert und fordert lautstark nach einer Zugabe. Nach dem Auftritt sammeln die Bandmitglieder nicht nur eine Menge Lob und Begeisterung, sondern auch das verschossene Konfetti vor der Bühne ein und stellen die Stühle zurück in den Abstellraum. Mein Job beschränkte sich bei der ganzen Aktion im Wesentlichen darauf, Mikrofone zu liefern und anzuschließen, sowie die Lautstärke zu regeln.

Nachdem die Technik abgebaut und im Wagen meiner Kollegin verstaut ist, fahre ich mit dem Mofa zurück ins Haupthaus. Dort warten zwei junge Künstler mit sechs Freund*innen um einen selbst geschriebenen und aufgenommenen Song zu mischen und dazu ein Musikvideo zu drehen. Da der Förderverein vor Jahren eine gute Kamera sponsorte, und uns ein Freund der Einrichtung ein Gimbal (eine Konstruktion zur wackelfreien Kameraführung) geschenkt hat, können wir nach den Regieanweisungen der beiden Künstler verschiedene selbst erdachte Szenen aufnehmen, aus denen sie selbstständig ein Video zusammenschneiden werden. Der Tag endet nach nicht arbeitsrechtskonformen 14 Stunden mit riesiger Dankbarkeit der Künstler.

Ich kann mich in meiner beruflichen Laufbahn an keinen kontrastreicheren Tag erinnern. Die Betriebsversammlung in sachlich-bürokratischer Kälte eines Büroraumes, in dem nackte Zahlen blind und unempathisch über die Zukunft entscheiden, trifft auf Orte voller Leben und Pläne, auf Orte an denen individuelle Träume des Miteinanders gelebt werden können und sollen. 

Florian Fehre – Aktiv in der OKJA seit 2012

Offene Kinder- & Jugendarbeit Overath

Mobile Jugendarbeit Overath

Die Offene Kinder- & Jugendarbeit Overath ist ein Verbund aus Jugendeinrichtungen im Stadtgebiet Overath, in Trägerschaft des Kirchengemeindeverbandes Overath. Sie besteht aus mehreren stationären Angeboten und einem als Jugendmobil eingerichteten Fahrzeug für die dezentrale Jugendarbeit im Stadtgebiet Overath.

Die Offene Kinder- & Jugendarbeit ist offen für Kinder und Jugendliche im Alter von 9 – 27 Jahren, ungeachtet ihrer sozialen Herkunft, Nationalität und Weltanschauung.

Die Offene Kinder- & Jugendarbeit stellt Kindern und Jugendlichen „Raum“ für Begegnung, Unterhaltung, zweckfreien Aufenthalt und Kontakt zu Gleichaltrigen, Entspannung, Feiern, Aktionen und Projekte zur Verfügung. Sie realisiert damit Wünsche Interessen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen.

Die Offene Kinder- & Jugendarbeit bietet eine vielfältige Angebotspalette, die unterschiedliche Jugendcliquen und Szenen erreicht und so Begegnungen im Hinblick auf das übergeordnete Ziel der Integration initiiert.

Die Offene Kinder- & Jugendarbeit ist vertrauenswürdiger und kompetenter Ansprechpartner für kinder- und jugendrelevante Themen und Probleme.

Das bietet die OJO

    • Drei stationäre Jugendtreffpunkte:
      gemütliche Raumatmosphäre, kein Konsumzwang, niedrige Preise, Musik nach Wunsch, Kicker, Billard, Gesellschaftsspiele, PC Arbeitsplätze mit Internetzugang, kostenloses WLan, integrative Arbeit mit Jugendlichen unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft, kompetente Ansprechpartner bei Problemen, Einzelhilfe
    • OJO-Mobil für eine dezentrale Jugendarbeit:
      warmer, trockener, gemütlicher Raum für unterschiedliche Jugendcliquen und -szenen der „Straße“, Gesellschaftspiele, PC mit Internetzugang, kompetente Ansprechpartner bei Problemen, Einzelhilfe
    • Jugendkulturarbeit:
      Veranstaltungen, Partys, Konzerte, Theateraufführungen, freizeitpädagogische Angebote, Ferienfahrten, AGs, Workshops, Aktionen
    • Mädchenarbeit:
      offener Treff, Kreativangebote, Projekte, Bildungsangebote, freizeitpädagogische Angebote und Aktionen zur Entwicklung der Selbst-, Sach-, Sozialkompetenz, Einzelhilfe
    • Beziehungsarbeit:
      persönliches, aber zugleich professionelles und reflektiertes Sich-in-Beziehungsetzen zu den Jugendlichen
    • Beratungsarbeit
    • Gruppen- und Projektarbeit:
      soziales Lernen in AGs und Projekten als Angebot zur Entwicklung positiver Lebensentwürfe
    • Beteiligung von Jugendlichen:
      im OT Alltag, in ehrenamtlichen Teams, AGs und Projekten
    • Bildungsmaßnahmen:
      Schulung von Ehrenamtlern, Selbsterfahrung, Selbstbehauptung